Vorstellung der Schulbegleithündin

Verfasst von Gast am . Veröffentlicht in Aktuelles

2018 12 20 Schulhund Boe 4 klGuten Tag, liebe Schulgemeinschaft!

Ich, Meike Chodzinski - Kunst- und Deutschlehrerin am OHG, möchte Ihnen die Hündin Fräulein Boe, welche mich seit nunmehr 2 Jahren als Lehrerin am Otto-Hahn-Gymnasium begleitet, und das zugrundeliegende Konzept ihres Einsatzes an unserer Schule vorstellen.

Der Schulbegleithund

Ein Schulbegleithund lebt als Familienhund im Haushalt einer/eines Pädagogen*in. Der Hund nimmt meist regelmäßig am Unterricht teil und unterstützt dabei aktiv oder passiv die pädagogische Arbeit.

 Ziel der hundegestützen Pädagogik an Schulen (HuPäsch)

2018 12 20 3-Faktoren-Modell-Schulhund-klSeit den 90er Jahren hat sich der Einsatz von Hunden in der pädagogischen Arbeit an Schulen etabliert, weil damit nachweislich viele positive Erfahrungen verbunden sind. Es handelt sich dabei der Definition nach um eine tiergestützte Intervention, die sich im schulischen Bereich positiv auf die Lernatmosphäre und das Sozialverhalten der Schüler*innen (SuS) auswirkt. Damit können auch individuelle Leistungssteigerungen einhergehen.
Es ist erwiesen, dass die bloße Anwesenheit von Hunden Stressreaktionen des Menschen deutlich mindern. Leider ist die Schule nicht immer ein stressfreier Ort und ein Hund somit herzlich willkommen!

Wie das nebenstehende Schaubild zeigt, geht es also um die weichen Faktoren des Schulalltags, die durch den Schulbegleithund positiv beeinflusst werden: um das Lernklima, das Sozialgefüge und nicht zuletzt die Lehrer-Schüler-Beziehung, welche zusammen stets an kognitiven Lernprozessen beteiligt sind.

Zudem bereitet die Anwesenheit von Frl. Boe am OHG den SuS offensichtlich Freude! – den Kollegen*innen übrigens auch!

Fort- und Ausbildung von Halter und Hund als Voraussetzung für den Schuleinsatz

Halter*in und Hund werden als Team umfassend für den schulischen Einsatz ausgebildet. Eine fundierte Kenntnis verhaltenstheoretischer Grundlagen, Kenntnisse zum Lernverhalten und der körpersprachlichen Kommunikationsformen der Hunde gehören u.a. neben Grundlagen einer tiergestützten Pädagogik zu den wesentlichen Inhalten der Ausbildung (Die Ausbildung fand statt bei „ColeCanido. Weiterbildung zur Hundegestützten Pädagogik in der Schule – Nord" (Beginn der Ausbildung Aug.2016, Zertifizierung Nov.2018).

Für den Schuldienst muss in dem Lehrer-Hund-Team vor allem der Mensch den Leistungskriterien einer tiergestützten Schulpädagogik entsprechen. Er sollte in der Lage sein, den korrekten Umgang mit dem Hund vorzuleben und diesen den SuS zu vermitteln. Er dient den Schüler*innen als Vorbild und gewährleistet ein friedliches Miteinander aller an Schule Beteiligten! (Ordner zum Schulbegleithund am OHG: In meinem Fach im Lehrerzimmer befindet sich für den gewünschten Zugriff ein Ordner, in dem die Erlaubnis des Schulleiters, die Lehrer- und Schulkonferenzprotokolle, Vordrucke der Elternbriefe und -Einverständniserklärungen, Anhang zum Hygieneplan der Schule, Ausbildungsnachweise, die Kopie der Versicherungspolice der Tierhalterhaftpflicht, fortlaufende tierärztliche Gesundheitsatteste samt Nachweise, dass die Hündin geimpft und endo-wie ektoparasitär frei ist, vorzufinden sind.)

Rechtliche Voraussetzung für den Einsatz eines Hundes an Schulen

Grundsätzlich ist die Mitnahme von Hunden in Schulen im Land Schleswig-Holstein verboten. Doch kann die Schulleitung, die gemäß § 33 Abs.4 SchulG für die Schulträger das Hausrecht ausüben, eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot zulassen.
Herr Schwerdtfeger hat mir gerne diese Ausnahme für meine Hündin gewährt, nachdem auch das Kollegium dem Einsatz meiner Hündin am OHG zugestimmt hatte.

Seit dem 23.11 2017 ist ihre Anwesenheit auch noch durch die Zustimmung der Schulkonferenz, also auch durch die Eltern- und Schülervertreter, legitimiert. Zudem sind der Schulträger, die Landes-Unfallkasse, wie auch das zuständige Gesundheitsamt über die Schulbegleithündin am OHG informiert. Die private Hundehaftpflicht weist konkret auf den versicherten Einsatz der Hündin in der Schule hin (Nachweise: ebd.)

(Wesens-)Voraussetzungen für einen Schulbegleithund

Ein Schulbegleithund sollte am Menschen interessiert und orientiert sein und ein ruhiges und freundliches, insgesamt ein sicheres Wesen mit sich bringen; er muss unbedingt aggressionsarm sein. Mit Kindern sollte er absolut verträglich sein und ihnen emphatisch begegnen. Auch anderen Hunden gegenüber sollte er über eine geringe Aggressionsbereitschaft verfügen.
Stressempfindliche und zu Angst und Unsicherheit neigende Tiere sind weniger geeignet, wie auch ein ausgeprägter Herdenschutztrieb als ungeeignet bezeichnet werden muss.

Selbstverständlich sind eine solide, gewaltfreie Erziehung und die Gesundheit des Tieres.

Wesenszüge von Frl. Boe

Meine Hündin scheint den oben genannten Wesensanforderungen voll zu entsprechen. Aufgrund dieser Tatsache sowie in Verbindung mit ihrem guten Gehorsam und ihrer Lernwilligkeit ist sie als Schulbegleithündin besonders geeignet!
Sie ist seit dem Welpenalter vielseitig sozialisiert (insb. mit Kindern u. Jugendlichen) und schrittweise auf den Einsatz in der Schule vorbereitet worden. Ihre Erziehung und Ausbildung ist auf ihren Einsatz als Schulbegleithund ausgerichtet. Sie ist nun mit zwei Jahren zu einer sehr verlässlichen Hundedame herangewachsen, die sich gerne, sehr sicher und grundfreundlich zwischen den vielen Menschen in der Schule bewegt. Ihr ist eine gewisse Distanziertheit eigen. Sie gehört nicht zu den Hunden, die sich an die Menschen „heranschmeißen", sie begleitet diese stattdessen lieber nah.

Insbesondere Kinder und Kollegen*innen, welche dem Hund vorerst skeptisch gegenüberstehen, empfinden diesen Wesenszug als sehr angenehm. Mehrfach konnte ich in den letzten 1,5 Jahren beobachten, wie auch eingangs ängstliche SuS zu dem Hund vertrauen fassten und Ängste abbauten (Sollten SuS unter unüberbrückbaren Ängsten und Allergien leiden, so schließt dies den Einsatz des Hundes in der jeweiligen Klasse aus.).

Einsatz von Frl. Boe am OHG

An drei Wochentagen kommt die Hündin mittlerweile regelmäßig mit mir ans OHG.
Sie wird dabei nicht an andere Kollegen „ausgeliehen" und wird nicht mit SuS allein gelassen!

In meiner Begleitung „arbeitet" sie vorrangig als Präsenzhund in der 5c, deren Klassenleitung ich inne habe (8 Wochenstunden). D.h. sie ist ohne konkrete Aufgabe in der Schule und im Unterricht anwesend.
Die Anwesenheit Boes beeinflusst die Lernumgebung positiv; es entsteht eine freundliche und von Gelassenheit geprägte Atmosphäre, in der sich der Hund alsbald zur Ruhe begibt. Diese wirkt auf die SuS zurück. Die SuS verhalten sich dadurch ebenfalls ruhiger.

Innerhalb dieses passiven Einsatzes wird der Hund auch zum Unterrichtsgegenstand, indem er beispielweise Schreibanlässe im Rahmen des Deutschunterrichts liefert. Zudem werden in den Klassenleiterstunden u.a. Regeln des Umgangs mit Hunden (und mit dem Schulbegleithund insb.), hundetypischer Verhaltensmuster und ihre körpersprachlichen Signale behandelt, die einen artgerechten und verständigen Umgang mit Hunden zum Ziel haben und auch außerschulisch auf den Umgang der Kinder mit fremden Hunden wirken.

Aktiv wird der Hund gezielt zu Motivationszwecken im Unterricht eingesetzt. So kann der Hund, indem er kleinere „Tricks" erlernt hat, z.B. durch das Öffnen von Kartons und Würfeln, konkrete schulische Aufgaben verteilen und festlegen. Stillarbeitsphasen können durch das Drücken eines Buzzers beendet oder (Referat)Reihenfolgen durch den Hund bestimmt werden. Es handelt sich dabei um zeitlich begrenzte Interventionen im Unterricht mit hohem Motivationscharakter. Der häufig als mühsam empfundene Grammatikunterricht beispielsweise kann so eine freudvolle Wendung nehmen. Was der Hund bestimmt, ist erst einmal positiv besetzt. Der damit einhergehende Leistungsaspekt verliert somit seinen unangenehmen Beigeschmack.

Im Kunstunterricht, in dem sich die SuS während der praktischen Arbeitsphasen recht frei im Raum bewegen dürfen (u.a. um sich Arbeitsmaterial zu beschaffen) wird Frl. Boes Anwesenheit häufig als kleine Auszeit genutzt, in der sich SuS dem Hund freundlich nähern und nach kurzer Begegnung wieder gestärkt an die Arbeit machen. Diese freiwilligen und häufig von anderen unbeobachteten Mensch-Tier-Begegnungen tun den SuS offensichtlich gut und befördern eine positive Arbeitsstimmung, ohne dass damit eine Störung verbunden ist.

In den Pausen suchen insbes. die SuS meiner Klasse den Kontakt zum Hund. Sie kommen eher in den Unterrichtsraum oder bleiben länger, um über den Hund Nähe – evtl. ein Gespräch - zu suchen oder einfach um den erlernten Umgang mit dem Hund zu erproben.
Dann reicht Frl. Boe gegen das obligatorische Leckerlie freudig ihre Pfoten, macht Sitz, Platz und Männchen. Das bedeutet manchmal geduldiges Warten, bis alle an der Reihen sind.
Dass Bedrängen und mangelnde Rücksichtnahme für niemanden zu einer positiven Begegnung führt, lehrt Boe die SuS schnell, indem sie sich der unguten Situation entzieht. Und so zeigen die SuS alsbald auch füreinander ein gehobenes Maß an freundlicher Achtsamkeit und Geduld.

Es kann beschrieben werden, dass der direkte Umgang mit dem Hund stärkt die Selbstwahrnehmung und das Selbstbewusstsein der SuS (Ich-Stärkung). Die SuS müssen sich auf das Tier einlassen, sich selbst gegebenenfalls in ihren Gesten, ihrer Körperhaltung und Anweisungen korrigieren. Reagiert das Tier wunschgemäß, so tut es dies unabhängig von den schulischen kognitiven Leistungen der SuS und belohnt sie für ihr emphatisches Bemühen. Diese kleinen Erfolgserlebnisse stärken. Insbesondere schüchterne und ruhige Kinder erleben im Umgang mit dem Hund wichtige Zuwendung.
Übernehmen einzelne SuS Hunde-Dienste, z.B. das Bereitstellen von Wasser und der Hundematte, so kann aus pädagogischer Sicht das Einüben von Verantwortungsübernahme eine wichtige Rolle spielen und zur Stärkung innerhalb des sozialen Gefüges genutzt werden.

Wichtig ist zu erwähnen, dass der konkrete Kontakt zwischen den SuS und dem Hund auf der Basis der Freiwilligkeit beruht. Die SuS haben als eine wesentliche Säule der hundegestützten pädagogischen Arbeit gelernt, dass diese Freiwilligkeit in beide Richtungen gilt, also auch für den Hund! Dieser muss sich stets der Begegnung entziehen dürfen und können und darf niemals daran gehindert werden.
Hat sich Frl. Boe auf ihren Ruheplatz zurückgezogen, darf sie nicht gestört werden.

Exkurs: Der Einsatz des Schulbegleithundes trifft auf das schulischen Leitbild

Als erste tragende Säule des OHG-Leitbildes ist die „Schule als Raum des Miteinanders und Füreinanders" ausgewiesen, in dem sich Werte wie „Wertschätzung, Toleranz und Rücksichtnahme" als auch der „Verantwortung füreinander und Hilfsbereitschaft" vollziehen mögen.
Frl. Boe ist mir in diesem Zusammenhang eine hochgeschätzte Co-Pädagogin.

Die SuS streben i.A. nach einem positiven Verhältnis zum Tier; sie möchten dem Tier in keinem Fall schaden. Die ruhige Gelassenheit, mit der sich Fräulein Boe im Unterrichtsgeschehen auf ihren Platz zurückzieht, löst bei den SuS Behagen aus; eines das man bewusst nicht stören möchte.  Aus Wertschätzung resultiert Rücksichtnahme.
So dient der Hund in konkreten Unterrichtssituationen als Spiegel für verträgliches, aber auch unangemessenes, störendes Unterrichtsverhalten, auf welches der Hund meist deutlich reagiert. Erkennen die SuS die körpersprachlichen Stress-Signale des Hundes oder werden auf diese aufmerksam gemacht, scheint es ihnen leichter zu fallen, ihr Verhalten rücksichtsvoll zum Wohle aller zu regulieren, als wenn eine entsprechende Mahnung durch die Lehrkraft ausgesprochen werden würde.
Eine harmonische Persönlichkeitsentwicklung und die Ausbildung sozialer Fähigkeiten können demnach durch den Hund unterstützt werden.

Ich erlebe täglich, wie feinsinnig die SuS auf die Kommunikation zwischen mir und dem Hund achten. Sie erleben und leben Vertrauen und Freiwilligkeit. Sie schenken mir Vertrauen – so scheint es - , weil der Hund es auch tut. Oder auch nur, da ich nun mal im Raum bin, wenn sie sich dem Hund zuwenden.
Dieses mir entgegengebrachte Vertrauen ist ein Schatz in meiner täglichen pädagogischen Arbeit.
Die Fachliteratur spricht hier von dem Hund als pädagogischer Türöffner. Diesen möchte ich nicht mehr missen!
Ich empfinde die Begleitung durch den Hund als große Bereicherung innerhalb meiner pädagogischen Arbeit.

Mit freundlichem Gruß
Meike Chodzinski, OStR'

Weitere Informationen zum Thema „hundegestützte Pädagogik"

Anhang:

2018 12 20 Regeln im Umgang mit dem Schulhund

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